
Das Anabole Fenster: Wie wichtig ist Protein direkt nach dem Training wirklich
Im Bereich des Kraftsports und der Fitnesswelt gibt es viele vermeintlich goldene Regeln, die man unbedingt einhalten muss um Fortschritte zu machen. Eine davon ist das Konzept des anabolen Fensters. Die kurze Zeitspanne nach dem Training, in der der Körper angeblich besonders empfänglich für Nährstoffe ist, um die Regeneration zu fördern und den Muskelaufbau zu maximieren. Viele Trainierende gingen davon aus, wenn sie nicht direkt nach dem Training in der Umkleidekabine ein Proteinshake zu sich nehmen, für immer durchsichtig bleiben würden und das Training umsonst war. Doch was steckt hinter dieser These? Und wie sollten Athleten ihre Ernährung darauf abstimmen? In diesem Beitrag tauchen wir tiefen in diese Thematik ein, nehmen wir das anabole Fenster unter die Lupe, beleuchten die neuere wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu.
Was ist das anabole Fenster
Das anabole Fenster, auch bekannt als "Window of Opportunity", beschreibt die Phase direkt nach dem Training, in der der Stoffwechsel auf Hochtouren läuft und der Körper angeblich besonders effizient Nährstoffe wie Proteine und Kohlenhydrate aufnimmt. Die Theorie besagt, dass das Timing der Proteinzufuhr entscheidend sei, da der Körper in den ersten 30 bis 60 Minuten nach einer Trainingseinheit optimal auf Muskelaufbau und Glykogenauffüllung reagiert.
Laut dieser Annahme soll das Versäumen dieses Zeitfensters zu suboptimalen Ergebnissen führen, da der Körper weniger effizient arbeitet.
Existiert das anabole Fenster wirklich
Die Wissenschaft hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Konzept des anabolen Fensters auseinandergesetzt. Frühere Studien legten nahe, dass das Timing der Nährstoffaufnahme nach dem Training von entscheidender Bedeutung ist. Doch neuere, robustere Untersuchungen zeigen ein differenzierteres Bild.
Verlängerung des anabolen Fensters: Es hat sich herausgestellt, dass die Muskelproteinsynthese (MPS), also der Prozess, durch den der Körper Muskelgewebe repariert und aufbaut, nicht nur innerhalb der ersten Stunde nach dem Training erhöht ist, sondern für mehrere Stunden, wenn nicht sogar bis zu 24 Stunden.
Tägliche Proteinzufuhr wichtiger: Studien, darunter eine Meta-Analyse von Schoenfeld et al. (2013), zeigen, dass die gesamte tägliche Proteinzufuhr eine viel grössere Rolle für den Muskelaufbau spielt als das exakte Timing der Proteinzufuhr.
Neue Erkenntnisse zur Proteinverdauung: Eine aktuelle Studie (Trommelen et al., 2023) deutet darauf hin, dass grössere Proteinmengen (z. B. 100 g in einer Mahlzeit) über einen längeren Zeitraum verdaut und absorbiert werden. Das bedeutet, dass selbst grosse Proteinportionen effizient genutzt werden können, wenn auch über einen verlängerten Zeitraum.
Was heisst das für den Muskelaufbau
Basierend auf diesen Erkenntnissen sollte der Fokus weniger auf dem Timing der Proteinzufuhr und mehr auf der täglichen Proteinzufuhr und Verteilung liegen.
Tägliche Proteinmenge sicherstellen:
- Ziel: 1,6 bis 2,0 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht
- Diese Menge reicht aus, um die Muskelproteinsynthese zu maximieren und die Regeneration zu unterstützen.
Verteilung über den Tag:
- Idealerweise wird die Proteinzufuhr auf 3 bis 6 Mahlzeiten über den Tag verteilt.
- Jede Mahlzeit sollte mindestens 0,4 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht enthalten, um die MPS anzuregen.
Proteinquelle:
- Hochwertige Proteinquellen bieten die meisten essentiellen Aminosäuren, die der Körper für die Muskelproteinsynthese benötigt.
Praktische Tipps:
- Vor dem Training: Eine proteinreiche Mahlzeit 2–3 Stunden vor dem Training sorgt dafür, dass der Körper während und nach dem Training mit Aminosäuren versorgt ist.
- Nach dem Training: Es ist nicht notwendig, sofort zu essen. Eine proteinreiche Mahlzeit innerhalb von 2 Stunden reicht aus.
Fazit
Das anabole Fenster existiert, ist aber viel grösser als früher angenommen. Der exakte Zeitpunkt der Proteinzufuhr ist weniger entscheidend, solange die tägliche Gesamtmenge an Protein ausreichend ist und über den Tag verteilt wird. Wer sich an eine ausgewogene Ernährung mit genügend Protein hält, maximiert die Muskelproteinsynthese und unterstützt den Muskelaufbau optimal. Für die meisten Sporttreibende bedeutet dies: Kein Stress mit dem Timing. Konzentriere dich darauf, deine Ernährung insgesamt in den Griff zu bekommen.
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